Ich nannte es ‚Mein Shvil‘ – Ein tiefgreifendes Interview mit Eva Meer

Einfach mal weg, auf den Shvil (Israel National Trail). Eva im Interview mit Christian.
Irgendwann war es also soweit. Auf Facebook lese – oder viel mehr sehe ich plötzlich: “Eva hat ihr Profilbild aktualisiert.” Das Selfie zeigt eine strahlende Eva mit Trekkingschuhen, der Rucksack liegt lässig im dürren Gras. Israel Trail? Ich bin wie elektrisiert.
Aber lest einfach selbst, was Eva Euch über ihren Shvil erzählt…
Ich nannte es “Mein Shvil”
Christian | Eva, Du kommentierst Dein Profilbild mit “This is my Shvil Israel! After 65 km in 3 days Arad-Har Amasa-Kibbutz Dvir. It is just me, myself and I and God!!! I am so thankful!” und elektrisierst uns damit definitiv alle!
Das erste mal im Heiligen Land? |
Eva | Ich nannte es Mein Shvil, weil ich tatsächlich allein unterwegs war.
Es gab niemanden der am Ziel auf mich wartete und niemand, der von mir erwartete, dass ich den Weg laufe. Der Anfang war sehr schwer und heiß, doch irgendetwas – eine gewisse Neugierde und Kraft – trieb mich an, die jegliche Furcht von mir nahm. Eine tiefe Überzeugung, dass mir nichts Schlimmes passieren wird, und mein Vertrauen auf Gott gab mir den Mut immer weiter zu machen. Ganz oben auf dem Berg der Wüste. Um mich herum, bis zum Horizont, keine einzige Menschenseele. Alles was ich hören konnte, war die Stille der Natur und mein knurrender Magen, der mir sagte, dass es Zeit wird eine Mahlzeit einzulegen. Dies war der Moment, an dem ich bemerkte, dass ich vollkommen allein war und zu dem ich meinen Kommentar verfasste.
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Christian | Seit wann hattest Du den Israel Trail im Kopf? Und wie kam es dazu? |
Eva |
Im Jahr 2011, als ich zum ersten Mal in Israel war und dort Übersetzungsarbeit für eine christliche Mission machte, erzählte mir eine Großcousine, die ebenfalls in Israel war und Freunde und Familie besuchte, von einem Freund, der den Shvil von Dan bis Eilat durchwanderte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich leider nicht die Möglichkeit, viel vom Land zu sehen, aber allein schon die Schönheit Jerusalems und zu wissen, dass sich auf diesem Land so viele biblische Geschichten ereigneten und dass Jesus mit seinen kostbaren Füßen auf diesem Land rumlief, reichte mir völlig aus, um zu wissen, dass ich in dieses Land zurückkehren werde.
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Christian | Du bist in Arad in Richtung Norden gestartet. Wie weit bist Du gegangen… auch physisch und psychisch? |
Eva |
Ich habe meinen Trail in Arad richtung Norden gestartet, weil die Wüste für mich zu heiß gewesen wäre. Beendet habe ich den Trail in Tiberias. Eigentlich wollte ich ganz bis nach Dan wandern, aber ich lief nur bis mach Tiberias, da ich zu der Zeit dann schon gemerkt hatte, dass die Hitze mich fertig macht.
Es hat Überwindung gekostet, einfach aufzuhören, denn die Neugierde wurde mit dem Verlauf des Trails immer stärker. Ich weiß, dass ich meinen Trail in der Zukunft noch fertig machen werde. Vielleicht allein, vielleicht aber auch mit einem besonderen Menschen von dem ich noch nichts weiß….
Physisch kam ich an meine Grenzen. Am Anfang tat mir alles weh. Meine Beine vor allem meine Waden taten mir weh. Ich merkte auch, dass meine Fußnägel sich vom Zäh getrennt hatten.
Nicht weit von Jerusalem zerrte ich mir einen Muskel meines Oberschenkels und humpelte ca. 2km bis zur nächsten Bushaltestelle. Im Wald fiel ich einmal auf mein Knie und war froh mein Erste Hilfe Kästchen dabei zu haben. Einmal verbrannte die Sonne mich so stark, dass ich ein paar Nächte im Freien lag und mir trotzdem heiß war.
Zum Glück durchwanderte ich zu dem Zeitpunkt den Strandteil und konnte mich im Wasser abkühlen.
Die ganzen kleinen Wehwehchen brachten mich auch an meine Grenzen, was die Psyche anbelangt. In diesen Momenten fühlt man sich dann allein gelassen und wünscht sich alles hinzuschmeißen.
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Keine Angst als Frau?
Christian | Keine Angst, als Frau in Israel zu wandern? |
Eva | Ich hatte keine Angst, alleine in Israel zu wandern. Alle die davon wussten, erklärten mich für verrückt, aber ich muss sagen, dass ich mich in Israel sicherer gefühlt habe, als manchmal hier in Deutschland!
Dort habe ich mich in keinem Moment unsicher gefühlt und wurde von den Menschen immer mit Respekt und Hilfsbereitschaft behandelt. Das ist die Realität. |
Christian | Sprichst Du hebräisch? Wie hast Du Dich verständigt? |
Eva | Mein Hebräisch ist grenzwertig, aber ich spreche fließend englisch und konnte mich so problemlos verständigen. Wenn es sprachliche Barrieren gab, konnte ich mich mit Händen und Füßen erklären, oder auf Google Translate zurückgreifen. |
Christian | Man fragt eine Frau nicht nach dem Alter. Darf ich trotzdem? |
Eva | Ich bin 26 Jahre alt. |
Christian | Keiner würde mich als Mann fragen: Wo hast Du eigentlich übernachtet. Von Frauen höre ich oft die Frage: Wo kann man (gefahrlos) übernachten… |
Eva |
Auf dem Trail habe ich die meiste Zeit im Zelt übernachtet. Übers Wochenende, also Freitag und Samstag blieb ich immer bei einer Familie in Tel Aviv, um mich zu regenerieren und auszuruhen.
An einigen Tagen nahm ich auch die Trails Angels oder die Schlafkammer der Kibbuzim – extra für Wanderer reserviert – in Anspruch.
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„Ich fand der schwerste Teil des Trails war der Strandteil, weil meine Schuhe ständig voller Sand waren und der Sand mich zurückzog.“
Kaum Menschen am Israel Trail begegnet
Christian | 270.000 Jakobswegpilger pro Jahr gibt es mittlerweile offiziell in Spanien. Wie sind Deine Erfahrungen am Israel National Trail? Findet man hier Ruhe und innere Einkehr oder trifft man auf Menschenmassen? |
Eva | Auf dem Trail bin ich kaum Menschen begegnet. Nur Feldarbeitern und Fahrradfahrern, die dem Fahrradtrail Israel folgten. Der ist übrigens auch sehr spannend und ich könnte mir vorstellen auch den mit meinem Mountainbike zu durchqueren.
Wenn man nach Ruhe und Einkehr sucht, ist der Shvil genau der richtige Ort dafür.
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Christian | Du schreibst einmal “My stay in Nazareth was very inspiring! I met a lot of cool people from all over the world! It’s different from trekking but it was definitely worth it”.
Was erlebt man in Nazareth, wenn man ins Leben eintaucht? |
Eva | Als ich fast bis nach Haifa gewandert war, traf ich mich mit Kim, die ich zuvor nur über die Israel National Trail Facebook Seite kannte. Wir liefen zusammen bis nach Nazareth. Nach Nazareth fuhren wir beide dann mit dem Bus und blieben dort in einem Hostel.
In der kurzen Zeit sind Kim und ich uns als Freunde sehr nahe gekommen und die Menschen ich/ wir dort trafen, waren auch sehr freundlich und hilfsbereit. Als Kim weiterzog, fuhr ich übers Wochenende nach Tel Aviv und kehrte anschließend wieder nach Nazareth zurück. Diese Stadt liegt auf dem arabischen Gebiet „West Bank“. Die Menschen dort waren mir gegenüber nicht anders, als die jüdischen Bürger Israels. Obwohl sie untereinander Konflikte haben, waren beide Seiten sehr gastfreundlich. Nazareth Illit hat von der Hauptstraße aus einen atemberaubenden Ausblick von reinster Natur. In Nazareth hatte ich vom Hostel aus eine „free tour“, an der ich mich gefühlt hatte, als wäre ich in der Zeitgeschichte 2000 Jahre zurückgereist. Vieles wird noch so gemacht, verkauft und hergestellt, wie vor 2000 Jahren. Im Abraham Hostel konnte ich mich auch sehr gut ausruhen und mich mit anderen Reisenden austauschen. Alle waren über mein Trail sehr neugierig. Dies ließ mich die hinter mich gebrachte Strecke gedanklich reflektieren. Ich war sehr stolz auf das, was ich bis dahin geschafft hatte. |

„Bei diesem Anblick bin ich kurz starr geworden. Das mit eigenen Augen zu sehen….. hat sich in meine Netzhaut für den Rest meines Lebens eingebrannt.“
Man muss es gesehen haben
Christian | Einige meiner Bekannten, leider auch einige meiner Freunde sind bei dem Wort “Israel” sofort zusammengezuckt. Andere sind wahre Israelfans. Muss man Israel selbst sehen, um es zu verstehen? |
Eva | Ich glaube, da muss ich leider unterscheiden zwischen den Touri Reisen und dem Shvil, wenn man ihn allein macht.
Bei Touri Reisen bekommt man alles nur oberflächlich mit, damit man sagen kann „ich kenne Israel“. Meines Erachtens gehört viel mehr dazu. Man müsste sehen, wie die Menschen leben, was sie Tag für Tag antreibt, die kulturellen Unterschiede eines jeden Volkes und die Gemeinsamkeiten der in Israel lebenden Menschen. Aber egal, ob Touri Reise oder Shvil Israel, man MUSS Israel mindestens einmal im Leben gesehen haben und das am besten mit einem persönlichen Erlebnis verbinden. |
Danke Eva für das Interview!
Hier geht es zum zweiten Teil des Interviews mit Eva ->
Fotos (c) Eva Meer.
Weiterlesen: Teil II des Interviews ->
Hier geht es zum zweiten Teil des Interviews mit Eva ->
Fotostrecke zum INT:
Das Interview in zwei Teilen mit Eva Meer über Ihren Shvil Israel:

Ich nannte es ‚Mein Shvil‘ – Teil II des Interviews

Ich nannte es ‚Mein Shvil‘ – Ein tiefgreifendes Interview mit Eva Meer
Buch und Poster gibt es hier:
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absolut schöner Artikel. Da bekommt man Lust das einmal auch selbst zu machen. Vor der jungen Dame kann ich da nur meinen Hut ziehen. Da glaub ich gehört schpon ganz schön viel Mut dazu!
Toller inspirierender Artikel.
Nur eine kleine Korrektur: Nazareth liegt nicht in der Westbank, sondern im israelischen Kernland.