Weite Wege Wandern – ein Gespräch mit Christine Thürmer
Wenn eine erfolgreiche Unternehmens-Saniererin aus dem Berufsleben aussteigt und fortan 49.000 Kilometer zu Fuß zurücklegt, ist das für viele einfach „zu hoch“. Doch schnell entdeckt man Parallelen, wenn man sich eigenen Fragen stellt, die einem das Leben aufwirft. Wertvolle Lebenszeit und Sinnhaftigkeit kann man sich nicht kaufen, meint Extremwanderin Christine Thürmer. Für unsere Leser/Innen ist Christine einen Augenblick „stehen geblieben“, um ihre wertvollen Erfahrungen zu teilen und auch Dich dazu aufzurufen, Deinen ganz eigenen Weg mutig zu beschreiten. Denn der beginnt – wenn Du es möchtest – genau jetzt in diesem Augenblick!
Ein Gespräch mit Christine Thürmer und Christian Seebauer.
„Der Trail macht uns alle ziemlich gleich“
Christian Seebauer | Christine, unterwegs beim Wandern kann man interessanten und liebenswerten Menschen begegnen, ohne je zu wissen, wer der andere eigentlich ist … |
Christine Thürmer | … ja genau. In Wanderkleidung fällt die soziale Einordnung schwer. Der Trail macht uns alle ziemlich gleich – und auch deutlich entspannter. |
Christian Seebauer | Ich würde gerne all denen, die noch niemals selbst losgegangen sind, den Unterschied erklären, zwischen einer Begegnung im gestressten Berufsleben und einer Begegnung auf einem Wanderweg. Christine, welche Eigenschaftswörter fallen Dir spontan zum Thema „geschäftliche Begegnung“ ein? |
Christine Thürmer | Ergebnisorientiert, hierarchisch, konfliktreich. |
Christian Seebauer | … und welche zu einer zufälligen Begegnung in der freien Natur, wenn sich die Wege gerade kreuzen? |
Christine Thürmer | Überraschend, unplanbar, ergebnisoffen. |
Christian Seebauer | Ich kenne viele Menschen, die innerlich sehr darunter leiden, dass ihre Wünsche und Vorstellungen vom eigenen Leben überhaupt nicht mit der gelebten Realität übereinstimmen. Du selbst sprichst ja von der „Ressource Lebenszeit“ und ich denke viele von uns spüren intuitiv, dass… |
Christine Thürmer | … Lebenszeit im Gegensatz zu Geld weder planbar noch vermehrbar ist. Wenn Du also etwas wirklich machen willst, dann tue es jetzt! Denn nichts und niemand kann dir garantieren, dass Du in ein paar Jahren oder womöglich erst bei Eintritt des Rentenalters noch dazu in der Lage sein wirst. |
Christian Seebauer | Christine, Du gehst ja nicht nur Deinen eigenen Weg, sondern nimmst andere auch liebevoll ein Stück weit dabei mit. Woher nimmst Du die Kraft und die Begeisterung, die Du z.B. in Deinen wunderbaren Büchern vermittelst? |
Christine Thürmer | Die wird mir durch mein wunderschönes Leben geschenkt – und dafür bin ich auch unglaublich dankbar. |
„Selbst der Grand Canyon in den USA hat mich nicht so sehr überwältigt wie die Negev!“
Christian Seebauer | Du bist mittlerweile in 37 Ländern extrem weit gewandert und hast fast alle Fernwanderwege auf diesem Planeten mit eigenen Füßen erlebt. U.a. 3x von Mexiko nach Kanada, von Tarifa zum Nordkapp, Europa von Nord nach Süd und von Ost nach West u.v.m. Wie würdest Du da eigentlich den Israel-Trail einordnen? |
Christine Thürmer | Ich bin nur den südlichen Teil des INT (Anm. d. Red.: Israel National Trail, kurz INT) durch die Negev gelaufen. Das war einerseits einer der technisch anspruchsvollsten Wege meiner Laufbahn, aber gleichzeitig auch einer der spektakulärsten! Selbst der Grand Canyon in den USA hat mich nicht so sehr überwältigt wie die Negev! |
Christian Seebauer | Christine, lass uns mal ganz brutal zwei sehr reale und hautnah spürbare Situationen in den Raum stellen und diskutieren:
1.) X steht gerade vor seinem Chef und wird wieder einmal wegen einer Nichtigkeit fertig gemacht… 2.) X steht gerade vor dem Nahal Yemin Canyon – auch der ist mächtig und zeigt ihm natürlich, wie klein er/ sie eigentlich ist… Wie würdest Du die beiden Plots ausführen? |
Christine Thürmer | 1.) … und wirft daraufhin seinem Chef die Kündigung auf den Tisch.
2.) … was die eigenen Probleme wohltuend relativiert. |
„Zwischen dem Israel-Trail und einem Camino liegen Welten“
Christian Seebauer | Ist der Israel-Trail mit dem Jakobsweg vergleichbar? Ist der Shvil überhaupt mit irgendetwas vergleichbar? |
Christine Thürmer | Zwischen dem Israel-Trail und einem Camino liegen Welten – und nicht nur geografisch. Vom technischen Anspruch und den logistischen Schwierigkeiten könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Landschaftlich ist der Shvil Israel zwar mit anderen wüstenähnlichen Gegenden, wie zum Beispiel im Südwesten der USA vergleichbar, aber dort fehlt die historisch-kulturelle Komponente, die den INT so interessant macht! Diese spezielle Mischung habe ich sonst nirgendwo erlebt. |
Christian Seebauer | Der Shvil durch die Wüste Negev… für wen ist das machbar und was sollte man Deiner Meinung nach unbedingt beachten? |
Christine Thürmer | Das ist definitiv keine Strecke für Anfänger. Denn sie ist nicht nur technisch schwierig, sondern aufgrund der Hitze und der spärlichen Wasserversorgung zusätzlich problematisch. Wichtig ist dabei ein möglichst leichter Rucksack – einerseits, um zusätzlich vier bis sechs Liter Wasser tragen zu können, andererseits um die leichten Kletterpassagen besser bewältigen zu können. |
Christian Seebauer | (nachdenklich). Eine Nacht unter dem gigantischen Sternenhimmel der Wüste Negev könnte… |
Christine Thürmer | (lacht) … verdammt kalt werden. Aber mal im Ernst: Das ist ein echt beeindruckendes Erlebnis. |
Unsere Beiträge zum Israel-Trail schreiben wir in unserer Freizeit mit dem Ziel, Dich zu begeistern und Dir einen echten Nutzen zu bringen. Wenn Du der Redaktion einmal einen virtuellen Kaffee spendieren möchtest, kommt Deine Achtsamkeizt ganz persönlich bei uns an und es motiviert uns! Danke!
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„In kaum einem anderen Land habe ich mich so sicher gefühlt“
Christian Seebauer | Christine, kaum ein Land steht so sehr im Kreuzfeuer der Medien wie Israel. Kann und darf man da überhaupt wandern? Ist es dort sicher? Kann man dort z.B. auch als Frau allein wandern? |
Christine Thürmer | (lacht) In kaum einem anderen Land habe ich mich so sicher gefühlt – vor allem als Frau. Auf dem Shvil sind ja auch sehr viele weibliche und unglaublich toughe Israeli unterwegs. Nur an die starke Militärpräsenz muss man sich erst mal gewöhnen. Aber die habe ich nie als Bedrohung, sondern als Schutz verstanden. |
Christian Seebauer | Richtig gute Tipps zur Vorbereitung der eigenen Fernwanderung muss man schon suchen. Es gibt womöglich Reiseführer, Erfahrungsberichte, aber kaum etwas konkretes für die ersten Schritte… |
Christine Thürmer | … Mittlerweile schon: Mein neues Buch „Weite Wege wandern“ ist eine handfeste Anleitung und meines Wissens nach das einzige Werk im deutschsprachigen Raum speziell zum Thema Weitwandern. |
Christian Seebauer | Dein neues Werk „Weite Wege Wandern“ enthält ein eigenes Kapitel zum Israel National Trail. Ohne jetzt zu spoilern… was verrätst Du Deinen Lesern/Innen hier alles? (lacht – ich weiß es ja schon) |
Christine Thürmer | Kurz gesagt: Dass der INT ein wahnsinnig toller Trail ist! |
„will meine Zeit mit Wandern und nicht mit Fotografieren verbringen“
Christian Seebauer | Christine, Du verzichtest ja – so wie ich – ganz bewusst auf groß angelegtes Sponsoring und ausbordende Markenempfehlungen – kurzum auf Geld. Eine bewusste Entscheidung oder pure Dummheit? |
Christine Thürmer | Bewusste Entscheidung! Von meiner Ausrüstung hängt im Ernstfall mein Leben ab! Daher möchte ich nur mitnehmen, was ich persönlich für das Beste halte – und nicht, was mir gerade ein Sponsor stiftet. Außerdem wollen Sponsoren tolle Fotos oder Videos und Touren zu möglichst spektakulären Destinationen. Ich aber möchte komplett frei sein in der Tourenwahl – und will meine Zeit mit Wandern und nicht mit Fotografieren verbringen. Und mal ganz ehrlich: Ich säge mir aus Gewichtsgründen sogar die Zahnbürste ab. Glaubst Du wirklich, ich würde dann mit einer 2 kg schweren Profikamera für tolle Fotos glücklich werden? Für mich ist eine Handyknipse schon das höchste der Gefühle. Meine Freiheit ist mir viel wichtiger als irgendwelche Sponsorenzuschüsse … |
„…wenn er gewusst hätte, welches Schicksal ihn erwartet?“
Christian Seebauer | Christine, darf ich Dir eine persönliche Frage stellen? Gab es eigentlich ein bestimmtes Ereignis, einen Moment in Deinem Leben, an dem Du Dich bewusst für Deinen Weg zum Wandern entschieden hast? |
Christine Thürmer | Den Anstoß zu meiner ersten Wanderung gaben zwei dramatische Ereignisse: Zunächst wurde ich unvermittelt als Managerin gekündigt – und dann erlitt ein Freund von mir einen Schlaganfall, obwohl er nur 10 Jahre älter war als ich. Den hat er zwar überlebt, aber mit irreversiblen Hirnschäden auf dem geistigen Niveau eines Dreijährigen. Als frischgebackene Arbeitslose hatte ich ja viel Zeit und besuchte ihn dann häufig im Pflegeheim. Als ich nach einem zweiten Schlaganfall auf der Intensivstation an seinem Bett saß und seine Hand hielt, die dann schon nur noch aus Haut und Knochen bestand, drängte sich mir eine Frage auf: „Was hätte dieser Freund wohl vor 10 Jahren in meinem Alter gemacht, wenn er gewusst hätte, welches Schicksal ihn erwartet?“ Natürlich konnte er selbst diese Frage nicht beantworten, denn er konnte ja nicht mal mehr sprechen. Aber ich musste diese Frage für mich beantworten – und angesichts des Schicksals meines Freundes war die Antwort klar. Als ich das Krankenhaus in dieser Nacht verließ, fuhr ich sofort nach Hause und buchte den Flug in die USA zu meiner ersten Wanderung. |
Christian Seebauer | Und gleich noch eine sehr persönliche Frage: Was bedeutet Dir Glaube? Glaubst Du an einen bestimmten Gott oder an etwas, was für uns da ist? |
Christine Thürmer | Ich habe so ein wunderbares Leben geschenkt bekommen, dass ich gar nicht anders kann, als Gott dafür dankbar zu sein! |
Niemand ist perfekt, oder?
Christian Seebauer | Aron Kamphausen zählt für mich zu einem der ganz wenigen Menschen, der auch unglaublich ehrlich über Tabuthemen wie „Depressionen“ spricht und womöglich selbst gar nicht ermessen kann, wie vielen Menschen er mit seinem Einsatz geholfen hat und hilft. Ich schätze ihn als wunderbaren Menschen, als echten Freund und als großartiges Vorbild. Auch Du sprichst ja sehr offen Deine Schwächen an, sagst z.B. „dabei war ich als Kind in Sport die totale Niete“. Ist das nur eine rein sportliche und rationale Leistungseinschätzung oder bist auch Du ein Mensch mit Emotionen, echten Stärken und Schwächen? |
Christine Thürmer | Ich war nicht nur als Kind in Sport die totale Niete – ich bin immer noch total unsportlich (lacht). Mein Orthopäde sagt, dass ich sowohl Plattfüße als auch X-Beine habe und mein Hausarzt hat mir schon mehrfach nahegelegt, dass ich mindestens 5 kg abnehmen soll. Und Du solltest mal meine Emotionen sehen, wenn ich mich eine Stunde lang durch überwucherte Wege oder Sumpf gequält habe – dann dresche ich schon mal mit Trekkingstöcken auf Bäume ein oder beschimpfe den Weg mit wüsten Schimpfwörtern. Glücklicherweise versteht der aber wohl kein Deutsch …. |
Christian Seebauer | Du hast Dich selbst einmal als „Outdoor-Junkie“ bezeichnet. Für mich ein eher negativ besetzter Begriff, dem ich absolut nichts abgewinnen kann, erklär mal kurz… |
Christine Thürmer | … der Begriff stammt auch nicht von mir, sondern wurde mir nur verliehen. Aber in gewisser Weise bin ich schon süchtig nach dem Draußenleben. Wenn ich länger als ein paar Monate in der Zivilisation bin, dann zieht es mich immer stärker raus. Ich schlafe zum Beispiel viel besser irgendwo versteckt im Wald in meinem Zelt als in einem Bett mit einem echten Dach über dem Kopf. |
Christian Seebauer | Meine Kinder sagen mir „Papa, Du darfst niemals im Streit weg gehen, sondern immer erst nach einer Umarmung oder ein paar lieben Worten“. Gibt es auch bei Dir etwas, bevor Du los gehen kannst? |
Christine Thürmer | Obwohl ich nun schon so viele Touren unternommen habe, verfalle ich kurz vorher immer noch in eine Art Prä-Trip-Depression. Dann finde ich plötzlich, dass Wandern allgemein eine ganz schlechte Idee ist und ganz besonders auch die anstehende Tour. Aber kaum bin ich ein paar Stunden gelaufen, legt sich das sofort und ich komme in den Wanderflow. Meine Freude nehmen mein „Gejaule“ schon gar nicht mehr ernst … |
Christian Seebauer | Deine Buchtitel bestehen immer nur aus drei Wörtern. „WEITE WEGE WANDERN“, „LAUFEN ESSEN SCHLAFEN“ und „WANDERN RADELN PADDELN“. Welche Wörter fehlen noch? |
Christine Thürmer | Eigentlich wollte mein Verlag spätestens beim dritten Buch einen „Drei-Wort-Titel“ vermeiden, aber dann kam ich mit „Weite Wege wandern“ an – und alle fanden ihn perfekt! Was noch fehlt? Keine Ahnung, welche Überraschung das Leben noch für mich bereit hält … |
Christian Seebauer | Wanderer neigen oft dazu, viel zu viel mitzunehmen. Was bedeutet eigentlich Ultraleicht-Trekking für Dich? Auf was muss man verzichten? Wo sind die Vorteile? |
Christine Thürmer | Unterwegs ist der große Luxus nicht das, was man dabei hat, sondern das, was man nicht tragen muss … Daher empfinde ich auch nicht, dass ich als UL-Wanderer auf etwas verzichten muss. (Auch wenn manche Leute es wohl etwas befremdlich finden, dass ich keinen Kamm mitnehme und oft sogar aus Gewichtsgründen auf die Unterhose verzichte …) |
Christian Seebauer | Was ist Dein nächstes Projekt? |
Christine Thürmer | Meine dritte Europadurchwanderung von Sizilien bis Finnland. |
Christian Seebauer | Und welche drei Wörter hättest Du für jemanden parat, der vom Israel Trail oder einfach nur vom Wandern träumt und sich noch nicht so richtig traut? |
Christine Thürmer | Du kannst das! |
Wow, ganz herzlichen Dank liebe Christine für Deine unglaublich ehrlichen Worte!
Über Christine Thürmer:
Christine Thürmer, 1967 in Forchheim geboren, machte nach ihrem Studium Karriere als Managerin. Nach einer unfreiwilligen Berufspause 2004 hängte sie 2007 ihren Job endgültig an den Nagel und wurde – wie sie selbst sagt – zum „Outdoor-Junkie“: Sie ist acht Jahre unterwegs gewesen und hat insgesamt 33 000 Kilometer zu Fuß, 30 000 Kilometer mit dem Fahrrad und 6500 Kilometer mit dem Boot zurückgelegt.
Sie schläft auf ihren Reisen überwiegend im Zelt, mit dabei hat sie nur sechs Kilo Gepäck. Christine Thürmer – unter Outdoorfans bekannt als German Tourist – gehört zu den meistgewanderten Menschen weltweit und wurde auch mit dem Triple Crown Award ausgezeichnet.
Links:
https://www.facebook.com/ChristineThuermer/
Aktuelle Veranstaltungen und das Profil bei PIPER findest Du u.a. hier: https://www.piper.de/autoren/christine-thuermer-4594
Fotos: (c) Peter von Felbert, (c) Christine Thürmer, (c) Christian Seebauer
Leseprobe:
Als ich hoch oben am Steilrand des Makhtesh Ramon Kraters auf die vielfarbi-gen Sandsteinschichten blicke, die sich unter mir ausbreiten, bin ich geradezu überwältigt von der kargen Schönheit der Wüste. Vor Millionen von Jahren schnitten hier gewaltige Flüsse einen 500 Meter tiefen und 40 Kilometer breiten Erosionskrater ein. Heutzutage gibt es nur noch eine winzige Wasserquelle an seiner tiefsten Stelle – ansonsten schimmert in der Abendsonne einzig die schier endlose Steinwüste in Gelb- und Rottönen vor meinen Augen. Wie bereits so oft auf meiner Wanderung durch Israel kommen mir Szenen aus der Bibel in den Sinn. Die Erzählung vom vierzigtägigen Fasten Jesu in der Wüste und seiner Versuchung durch Satan aus dem Matthäus-Evangelium findet an diesem Ort eine dramatische Kulisse: „Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ Nachdenklich sitze ich noch lange auf den sonnenwarmen Steinen und blicke hinunter in Abgrund …
Der etwa 1000 Kilometer lange Israel National Trail (INT) durchzieht das ganze Land vom Kibbuz Dan an der libanesischen Grenze bis nach Eilat am Roten Meer und durchläuft dabei die Geschichte Israels von den Anfängen im Alten Testament bis heute. Auf dem INT besuchte ich am selben Tag Avdat, eine im vierten Jahrhundert vor Christus gegründete Stadt an der Weihrauchstraße, und holte wenige Stunden später Wasser in Midreshet Ben-Gurion, wo der Gründer des modernen Staates Israel begraben ist. Während man im dicht bevölkerten Nor-den kaum dem Zivilisationslärm und achtlos weggeworfenem Müll entkommen kann, wähnt man sich im Süden häufig mutterseelenallein.
Vorlage für den INT, auf Hebräisch Shvil genannt, war der Appalachian Trail in den USA. Auf dem 1995 eingeweihten Weg gibt es genau wie in den USA zahlreiche trail angels, sodass Sie auf Ihrer Wanderung in mehreren Kibbuzim unterkommen können. Er ist durchgängig gut markiert, es gibt Kartensets und einen englischsprachigen Wanderführer. Doch damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten beider Trails.
Wie in der Wüste nicht anders zu erwarten, stellt die Wasserversorgung auf dem INT ein riesiges Problem dar. Viele Wanderer nutzen kommerzielle und leider sehr teure Serviceanbieter, die Wasservorräte deponieren – mit dem Risiko, dass der Cache dann nicht auffindbar ist oder gar gestohlen wird. Wer wie ich im kühleren Winter wandert und fit genug für lange Tagesetappen ist, kann stattdessen von einer Wasserquelle zur nächsten laufen.
In technischer Hinsicht ist der Shvil ebenfalls deutlich anspruchsvoller als der AT. Im Negev führt er durch Schluchten, die meist nur mit Händen und Füßen oder Hängeleitern zu bewältigen sind. An den steilen Felswänden übte früher die Hagana Miliz für ihre Kampfeinsätze – selbstverständlich ohne helfende Lei-tern. Die einzige natürliche Wasserquelle in den Bergen von Eilat, Ein Netafim, wird über einen so engen Felsspalt erreicht, dass man sich darin die Rucksäcke gegenseitig zureichen oder mit einem Seil hinauf- und hinunterheben muss.
Besonders frustrierend ist es, wenn man mit deutlich erhöhtem Adrenalinspie-gel gerade eine besonders schwierige Passage bewältigt hat – und einem dann eine ganze Schulklasse lautstarker Teenager mit Boombox entgegenkommt, die dieselbe Stelle völlig unbeeindruckt im Gänsemarsch durchklettert. Wie mir einer der Lehrer erklärte, werden israelische Schüler im Rahmen des Unterrichts-plans zwei Wochen pro Jahr zum Wandern geschickt. Die night camps, also die Lagerplätze im Negev, muss man sich daher leider häufig mit Heerscharen von Jugendlichen teilen. Die Mehrzahl der INT-Thruhiker sind allerdings junge Israelis vor oder nach ihrem langjährigen Militärdienst, die dementsprechend in körperlicher Topform sind….
Buch und Poster gibt es hier:
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Israel-Trail english excerpt:Long walks hiking – a conversation with Christine Thürmer
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When a successful corporate reorganization leaves the professional life and from then on covers 49,000 kilometers on foot, it is simply “too high” for many. But you quickly discover parallels if you ask yourself your own questions that raise life. You can’t buy valuable life time and meaningfulness, says extreme hiker Christine Thürmer. For our readers, Christine „stopped“ for a moment to share her valuable experience and also to call on you to brave your own path. Because it starts – if you want – right now!
A conversation with Christine Thürmer and Christian Seebauer.
“The trail makes us all pretty much the same”
Christian Seebauer Christine, while hiking you can meet interesting and lovable people without ever knowing who the other person is …
Christine Thürmer … Yes exactly. Social classification is difficult in hiking clothes. The trail makes us all pretty much the same – and also much more relaxed.
Christian Seebauer I would like to explain the difference between an encounter in stressed professional life and an encounter on a hiking trail to all those who have never started themselves. Christine, which adjectives do you spontaneously come up with on the subject of „business encounters“?
Christine Thürmer Results-oriented, hierarchical, conflict-ridden.
Christian Seebauer … and what about a chance encounter in the great outdoors when the paths cross?
Christine Thürmer Surprising, unpredictable, open-ended.
Christine Thürmer hiking on the Israel Trail in the Negev desert
Christine Thürmer hiking on the Israel Trail in the Negev desert
Christian Seebauer I know many people who suffer a lot from the inside that their wishes and ideas about their own life do not match reality at all. You yourself speak of the “lifetime resource” and I think many of us intuitively feel that …
Christine Thürmer … in contrast to money, lifetime cannot be planned or increased. So if you really want to do something, do it now! Because nothing and nobody can guarantee that you will be able to do this in a few years or possibly only when you retire.
Christian Seebauer Christine, you are not only going your own way, you are also lovingly taking others with you. Where do you get the strength and enthusiasm that you convey, for example, in your wonderful books ?
Christine Thürmer It is given to me through my wonderful life – and I’m incredibly grateful for that.
“Even the Grand Canyon in the US didn’t overwhelm me as much as the Negev!”
Christine Thürmer at Shvil Israel
Christine Thürmer on Shvil Israel from Eilat towards Shaharut, in the background the Arava and the Red Sea.
Christian Seebauer You have now hiked extremely far in 37 countries and have experienced almost all long-distance hiking trails on this planet with your own feet. 3x from Mexico to Canada, from Tarifa to the North Cape, Europe from North to South and from East to West and much more. How would you classify the Israel Trail?
Christine Thürmer I only walked the southern part of the INT (editor’s note: Israel National Trail, short INT) through the Negev. It was one of the most technically demanding paths in my career, but also one of the most spectacular! Even the Grand Canyon in the USA didn’t overwhelm me as much as the Negev!
Christian Seebauer Christine, let’s brutally pose and discuss two very real and tangible situations in the room:
1.) X is standing in front of his boss and is being finished again because of a nullity …
2.) X is standing in front of the Nahal Yemin Canyon – it is also powerful and of course shows him how small he / she actually is …
How would you do the two plots?
Christine Thürmer 1.) … and then throws the termination on the table to his boss.
2.) … which puts your own problems in perspective.
Nahal Yemin
The route through the Nahal Yemin Canyon is part of the Israel National Trail. It is definitely spectacular!
“There are worlds between the Israel Trail and a Camino”
Christian Seebauer Is the Israel Trail comparable to the Way of St. James ? Is the Shvil comparable to anything at all?
Christine Thürmer There are worlds between the Israel Trail and a Camino – and not just geographically. They couldn’t be more different from the technical demands and the logistical difficulties. In terms of landscape, the Shvil Israel is comparable to other desert-like areas, such as the southwestern United States, but there is no historical-cultural component that makes INT so interesting! I have never seen this special mixture anywhere else.
Christian Seebauer The Shvil through the Negev desert … for whom is this feasible and what do you think should be considered?
Christine Thürmer This is definitely not a route for beginners. Because it is not only technically difficult, but also problematic due to the heat and the sparse water supply. It is important to have a backpack that is as light as possible – on the one hand, to be able to carry an additional four to six liters of water, and on the other hand, to be able to better manage the easy climbing passages.
Christian Seebauer (thoughtful). A night under the gigantic starry sky of the Negev desert could …
Christine Thürmer (laughs) … getting really cold. But seriously: this is a really impressive experience.
Minimal equipment
Minimal equipment “Ultralight hiking” by Christine Thürmer, photo (c) Peter von Felbert
We write our contributions to the Israel Trail in our free time with the aim of inspiring you and bringing you real benefits. If you want to buy a virtual coffee for the editors, your mindfulness arrives personally and it motivates us! Thank you!
Would you like to give the editors a coffee?
We write here in our free time and look forward to your recognition.
“I hardly felt so safe in any other country”
Christian Seebauer Christine, hardly any other country is in the crossfire of the media like Israel. Can and may you hike there at all? Is it safe there? Can you hike there alone as a woman, for example?
Christine Thürmer (laughs) I hardly felt so safe in any other country – especially as a woman. There are also a lot of female and incredibly tough Israelis on the Shvil. You only have to get used to the strong military presence. But I never understood it as a threat, but as protection.
Christian Seebauer You have to look for really good tips for preparing your own long-distance hike. There may be travel guides, testimonials, but hardly anything specific for the first steps …
Christine Thürmer … In the meantime: My new book “Weite Weg wandern” is a solid set of instructions and, as far as I know, the only work in the German-speaking world specifically on the subject of long-distance hiking.
Christian Seebauer Your new work „Long Walks“ contains a separate chapter on the Israel National Trail. Without spoiling now … what do you tell your readers here? (laughs – I already know )
Christine Thürmer In short: That the INT is an incredibly great trail!
Christine Thürmer at the Shvil
Christine Thürmer follows Shvil Israel in the Negev desert
“Wants to spend my time hiking and not photography”
Christian Seebauer Christine, like me, you consciously forego large-scale sponsoring and extensive brand recommendations – in short, money. A conscious decision or pure stupidity?
Christine Thürmer A conscious decision! In an emergency, my life depends on my equipment! So I just want to take what I personally think is the best – not what a sponsor is donating to me. Sponsors also want great photos or videos and tours to the most spectacular destinations possible. But I want to be completely free in my choice of tours – and I want to spend my time hiking and not taking pictures. And let’s be honest: I even saw off my toothbrush for weight reasons. Do you really think I would be happy with a 2 kg professional camera for great photos? For me, a cell phone snap is the highest feeling. My freedom is much more important to me than any sponsorship …
Christine Thürmer in the tent
Christine Thürmer in the tent, photo (c) Peter von Felbert
„… if he had known what fate awaits him?“
Christian Seebauer Christine, may I ask you a personal question? Was there actually a certain event, a moment in your life when you made a conscious decision to go hiking?
Christine Thürmer My first hike was triggered by two dramatic events: first I was suddenly dismissed as a manager – and then a friend of mine suffered a stroke, even though he was only 10 years older than me. He survived it, but with irreversible brain damage at the mental level of a three-year-old. As a newly minted unemployed, I had a lot of time and often visited him in the nursing home. As I sat at his bed in the intensive care unit after a second stroke and held his hand, which was now only skin and bones, a question occurred to me: „What would this friend have done 10 years ago at my age? if he had known what fate awaits him? ”Of course he couldn’t answer this question himself, because he couldn’t even speak anymore. But I had to answer this question for myself – and given my friend’s fate, the answer was clear. When I left the hospital that night, I immediately drove home and booked the flight to the United States for my first hike.
Christian Seebauer And a very personal question: What does belief mean to you? Do you believe in a certain god or in something that is there for us?
Christine Thürmer I have been given such a wonderful life that I cannot help but be thankful to God!
Christine Thürmer at the fire
Christine Thürmer in the late evening in front of the stove, photo (c) Peter von Felbert
Nobody is perfect, is it?
Christian Seebauer For me, Aron Kamphausen is one of the very few people who also speaks incredibly honestly about taboo subjects such as „depression“ and may not even be able to measure how many people he helped and helps with his work. I appreciate him as a wonderful person, a real friend and a great role model. You also speak very openly about your weaknesses, for example saying „I was a total rivet as a child in sports“ . Is this just a purely sporty and rational performance assessment or are you also a person with emotions, real strengths and weaknesses?
Christine Thürmer I wasn’t just a total rivet as a child in sports – I’m still totally unsportsmanlike (laughs). My orthopedic surgeon says that I have flat feet as well as X-legs and my family doctor has suggested to me several times that I should lose at least 5 kg. And you should see my emotions when I have tortured myself through overgrown paths or swamp for an hour – then I thresh trekking poles at trees or insult the way with wild swear words. Fortunately, he probably doesn’t understand German….
Christian Seebauer You once described yourself as an “outdoor junkie”. For me a rather negative term, which I can get absolutely nothing, explain briefly …
Christine Thürmer … the term did not come from me, it was only given to me. But in a way I’m addicted to the outside life. When I’m in civilization for more than a few months, I’m drawn out more and more. For example, I sleep much better somewhere hidden in the forest in my tent than in a bed with a real roof over my head.
Christine Thürmer crossing the river
Overcoming obstacles: Christine Thürmer, photo (c) Peter von Felbert
Christian Seebauer My children tell me „Dad, you must never go away in a fight, but only after a hug or a few kind words“. Is there something with you before you can start?
Christine Thürmer Even though I have already done so many tours, I still fall into a kind of pre-trip depression shortly before. Then I suddenly find that hiking is a very bad idea in general and especially the upcoming tour. But no sooner have I run a few hours than that immediately settles down and I get into the hiking flow. My joy no longer take my “whine” seriously…
Christian Seebauer Your book titles consist of only three words. „HIKING WIDE WAYS“, „RUNNING EATING SLEEPING“ and „HIKING CYCLING PADDLING“. Which words are still missing?
Christine Thürmer Actually, my publisher wanted to avoid a „three-word title“ for the third book at the latest, but then I came up with „Long Walks“ – and everyone thought it was perfect! What is still missing? I don’t know what surprise life still holds for me …
Book cover long ways hiking, Christine Thürmer
Book cover long ways hiking, Christine Thürmer
Christian Seebauer Hikers often tend to take too much with them. What does ultralight trekking actually mean for you? What do you have to do without? What are the advantages?
Christine Thürmer On the way, great luxury is not what you have with you, but what you don’t have to wear … Therefore, I don’t feel that I have to do without anything as a UL hiker. (Even if some people find it a little strange that I don’t take a comb and often even do without my underpants for weight reasons …)
Christian Seebauer What is your next project?
Christine Thürmer My third European hike from Sicily to Finland.
Christian Seebauer And what three words would you have for someone who dreams of the Israel Trail or just hiking and doesn’t really dare?
Christine Thürmer You can do that!
Wow, thank you very much dear Christine for your incredibly honest words!
About Christine Thürmer:
Christine Thürmer, born in Forchheim in 1967, started her career as a manager after completing her studies. After an involuntary break from work in 2004, she finally gave up her job in 2007 and, as she says herself, became an “outdoor junkie”: she has been on the road for eight years and has a total of 33,000 kilometers on foot, 30,000 kilometers by bike and traveled 6500 kilometers by boat.
During her travels, she mostly sleeps in a tent, but she only has six kilos of luggage. Christine Thürmer – known among outdoor fans as German Tourist – is one of the most migrated people worldwide and was also awarded the Triple Crown Award.
Reading sample:
When I look high up on the steep edge of the Makhtesh Ramon crater at the multicolored layers of sandstone that spread out below me, I am almost overwhelmed by the barren beauty of the desert. Millions of years ago, huge rivers cut a 500 meter deep and 40 kilometer wide erosion crater here. Nowadays there is only a tiny source of water at its deepest point – apart from that, the seemingly endless stone desert in shades of yellow and red shimmers before my eyes in the evening sun. As so often on my hike through Israel, scenes from the Bible come to mind. The story of Jesus‘ forty-day fasting in the desert and his temptation by Satan from the Gospel of Matthew finds a dramatic backdrop here: „And the tempter came up and said to him: Are you God’s son, so speak that these stones become bread. But he answered and said: It is written: Man does not live on bread alone, but on every word that comes from the mouth of God. “I sit thoughtfully on the sun-warm stones for a long time and look down into the abyss …
The approximately 1,000-kilometer Israel National Trail (INT) runs through the entire country from Kibbutz Dan on the Lebanese border to Eilat on the Red Sea, traversing the history of Israel from its beginnings in the Old Testament to the present day. At INT that same day, I visited Avdat, a city on Incense Street founded in the fourth century BC, and a few hours later fetched water in Midreshet Ben-Gurion, where the founder of the modern state of Israel is buried. While in the densely populated north you can hardly escape the noise of civilization and carelessly thrown away garbage, in the south you often think you are alone.
The template for the INT, called Shvil in Hebrew, was the Appalachian Trail in the USA. Just like in the USA, there are numerous trail angels on the trail , inaugurated in 1995 , so that you can stay in several kibbutzim on your hike. It is well marked throughout, there are map sets and an English-speaking hiking guide. But that ends the similarities of both trails.
As is to be expected in the desert, the water supply on the INT is a huge problem. Many hikers use commercial and unfortunately very expensive service providers who deposit water – with the risk that the cache can then not be found or even stolen. If you hike like me in the cooler winter and are fit enough for long daily stages, you can walk from one water source to the next instead.
In technical terms, the Shvil is also significantly more demanding than the AT. In the Negev, it leads through gorges, which can usually only be mastered with hands and feet or hanging ladders. In the past, the Hagana militia practiced on the steep rock faces for their combat missions – of course without helping leaders. The only natural source of water in the mountains of Eilat, Ein Netafim, is reached through such a narrow crevice that you have to hand over your rucksacks or lift and descend with a rope.
It is particularly frustrating when you have just mastered a particularly difficult passage with a significantly increased level of adrenaline – and then you meet a whole school class of noisy teenagers with a boom box, who climbs through the same place completely unimpressed in single file. As one of the teachers explained to me, Israeli students are sent two weeks a year to hike as part of the lesson plan. Unfortunately, the night camps, i.e. the campsites in the Negev, often have to be shared with a host of young people. The majority of INT Thruikers, however, are young Israelis before or after their many years of military service, who are in top physical shape accordingly …