Über die Wanderung vom Roten Meer zum Toten Meer

EILAT. Romy und ihr Mann Heiko wanderten zu Fuß vom Roten Meer zum Toten Meer. Im Interview mit Christian Seebauer (INT) erzählen sie von ihren Erfahrungen, die sie auf dem „Shvil Israel“ – dem Israel National Trail – sowie im Heiligen Land ganz allgemein gemacht haben. Beitragsfoto oben: Romy und Heiko auf der gefürchteten Etappe über den Mount Karbolet.
Interview mit Romy Christel Fehrmann
Autorin des Buches „Barfuß durch die Wüste“ und ihrem Mann Heiko Heinrich Fehrmann
INT: Dein Buch ‚Barfuß durch die Wüste‘ hat in mir die Sehnsucht geweckt, mich selbst auf den Weg zu machen. Du schreibst viel über Sehnsüchte, Emotionen und sehr behutsam auch über den Glauben. Findet man in der Wüste wirklich so etwas wie eine ganz andere Welt?
Romy: Ja, unbedingt. Man findet zu sich selbst. Findet zu seinem Ursprung. Die Wüste eröffnet den Raum für diese Verbindung, weil sie leer ist.
Heiko: Funktioniert auch in einem Kloster. Wir beide waren zehn Tage in einer Eremitenfelshöhle am Kloster Mar Musa im Anti-Libanon. Das ist aber auch ein bisschen wie Wüste.
INT: Aktuell berichtest Du mit Deinem Mann Heiko in Vorträgen über den Israel Trail.
Eure erste Etappe „Zu Fuß vom Roten Meer zum Toten Meer“ verläuft hauptsächlich durch die Negev-Wüste. Ist es in der Wüste nicht gefährlich?
Romy: Nicht gefährlicher als im Rest der Welt auch. Wohl bedarf es einer gut durchdachten Vorbereitung in die Wüste zu gehen. Und vielleicht auch einer guten Portion Urvertrauen. Dieses wiederum entspringt unserer Anbindung an unseren Ursprung, den ich immer wieder in der Wüste spüren kann und von dem ich mich, und wohl so viele Menschen, so weit entfernt habe. Wir leben in einer „verstädterten“ und verängstigten Welt. Wir fühlen uns als Fremde „da Draußen“, obwohl wir Bestandteil dieses „da Draußens“ sind.
Heiko: Das gefährlichste, was Dir in der Wüste passieren kann, ist, einen durchgeknallten Homo sapiens zu begegnen. Und den gibt es bekanntlich überall, aber äußerst selten in der Wüste.
INT: Auf Euren Fotos sieht man, dass ihr Wasserdepots angelegt habt. Lebenswichtig, wenn man nicht verdursten will. Wieviel Wasser braucht man in der Wüste?
Romy und Heiko: Wir sind erstaunlicherweise mit wenig Wasser ausgekommen. Meist brauchten wir nur die Hälfte der im Wanderführer von Jacob Saar empfohlenen Menge. Das hat drei Gründe: Wir sind im Februar / März gelaufen bei gemäßigten Temperaturen.
Ich, Heiko, habe wohl „Beduinenblut“, heißt ich brauche nicht so viel Wasser. Das ist aber keine Empfehlung für Andere! Unsere Ernährung bestand hauptsächlich aus Haferflocken für Power und
Chiasamen für eine kontinuierliche Abgabe des mit der Nahrung aufgenommenen
Wassers in die Zelle..
INT: Eure Rucksäcke die ihr auf den Fotos tragt, würden mich schier erschlagen. Wieviel Gewicht habt ihr mit Euch herumgeschleppt?
Romy: Oh, wir sind beide sehr Gewichtsoptimiert. Vor allem Heiko. Er trägt 8 kg ohne Wasser und Nahrung. Davon sind 4,5 kg Rucksack, Zelt und Schlafsack. Dazu kommt ein 2,5 kg Brustrucksack mit Fotoausrüstung und Akku-Technik.
Ich trage ebenfalls an die 8 kg. Mein Hauptgewicht geht in meinen himmlischen Schlafkomfort: eine selbstaufblasbare Therm-A-Rest Schlafmatte plus Soft-Isomatte zum Schutz derselben. Und in zwei, manchmal auch drei, Schlafsäcke, da ich eine richtige Frostmemme bin.
Heiko: Bei Gewicht bin ich Extremist. Bei 8 kg ohne Wasser und Nahrung ist Schluss. So musste sogar noch unser Campinggaskocher weichen und wir haben kalt gegessen und getrunken. Allerdings hat es meine Frau geschafft noch einen dritten Schlafsack ins Reisegepäck zu schmuggeln, obwohl der über dem vorgegebenen Limit lag.
INT: Wenn man sich in der Wüste verläuft, wird es sehr schnell lebensgefährlich. Wie findet man da eigentlich den Weg? Bekommt man da auch mal Angst oder Panik in dieser Weite?
Romy: Mein Mann Heiko ist ein erfahrener Pfadfinder, da habe ich vollstes Vertrauen. Und dieses Vertrauen habe ich letztlich auch in unsere unsichtbare geistige Führung ?.
Heiko: Für mich ist der Israel Trail als Weitwanderweg sehr gut ausgezeichnet. Und es gilt immer die Regel, wenn man nach spätestens 500 Meter keine Wegmarkierung mehr hat, zurück zur letzten Wegmarkierung und neu orientieren.
INT: Am Jakobsweg trifft man ständig auf andere Menschen. Wie ist das am Israel National Trail?
Romy: Man trifft auf dem Israel Trail viel weniger Menschen, vor allem in den Nachtcamps ist man fast alleine. Das ist das Schöne an diesem Trail.
Heiko: Wir sind den Jakobsweg, den Hauptweg von St. Jean Pied de Port in Frankreich nach Spanien im Jahr 2000 gegangen und haben ihn sehr entspannt in Erinnerung. Nur am Abend in den Herbergen war einiges los.
Genauso entspannt empfinden wir auch den Israel Trail, den wir in diesem Jahr im
Februar mit der zweiten Etappe vom Toten Meer zum Mittelmeer fortgesetzt haben.
INT: Viele hören nur das Wort „Israel“ und sofort geht es los mit Vorurteilen. Wie erlebt man das Heilige Land tatsächlich?
Romy: Ja, es sind Vor-Urteile die die Medien uns hier Vor-Geben. Auch ich bin mit solch einem Vorurteil ins Land gereist und habe vollkommen anderes erleben dürfen. Ich habe sehr liebevolle, überaus hilfsbereite und offene Menschen getroffen. Ich habe mich in Israel immer sicher und behütet gefühlt.
Heiko: Wer es für sich selbst realisiert und in dieses Land reist, wird etwas Unglaubliches erleben: Die Menschen dort lieben die Deutschen und das bei unserer Geschichte.
INT: Die Frage, die ständig gestellt wird: Ist es nicht gefährlich, in Israel?
Romy: Nein, nicht gefährlicher als in Deutschland, Paris oder Brüssel, oder anderswo.
Heiko: Gefährlich nicht. Nur der Anblick der vielen Maschinengewehre der Soldaten und Soldatinnen im öffentlichen Leben / auch im öffentlichen Nahverkehr ist gewöhnungsbedürftig.
INT: Was trifft man eigentlich für Menschen im Heiligen Land und am Israel Trail?
Romy: Menschen aus allen Ländern der Welt, die eins verbindet: ihre jüdische Wurzel.
Heiko: Durchweg freundliche, hilfsbereite und offene Menschen.
INT: Jeder Schritt ist einer im Heiligen Land. Spürt man in der Langsamkeit des Gehens etwas von den längst vergangenen Zeiten?
Romy: Ja, ich denke schon. Auf alle Fälle kommt man ins sinnieren über die Geschichte des Landes, über Sinn und Unsinn von Religionen, über Gott und „Götter“, über Jesus und dessen Botschaft.
Heiko: Einen kulturhistorisch so verdichteten Raum zu Fuß zu durchschreiten ist ein wunderbares Erlebnis.
INT: Ist es für einen Normalurlauber möglich, Teile des Israel Trails einmal auszuprobieren?
Romy: Teile des Weges sicherlich. Es muss ja nicht gleich die Wüste sein. Wegabschnitte zwischen Arad und Tel Aviv und am Mittelmeer entlang nach Norden eignen sich gut für Tagestouren.
Heiko: Für Normalurlauber wird es auch ein normaler Weg bleiben. Nur wenn man länger unterwegs ist, erschließt sich einem das Geheimnis des Trails.
INT: Wie kommt man als Deutscher mit den extremen Temperaturen zurecht?
Romy: Sonnenschutz für den Kopf und viel Wasser trinken. Nicht verausgaben, lieber moderat bewegen und sich Pausen im Schatten gönnen.
Heiko: Wer Sonne und Wärme nicht abkann wandert alternativ in Deutschland.
INT: Eine Nacht in der Wüste. Davon träumen viele. Wie fühlt sich das an?
Romy: Wie in Gottes Schoß. Auch wenn’s mal kalt wird des Nachts.
Heiko: Für mich ist es Quelle, Inspiration und Geborgenheit. Ich fühle mich da zu Hause. Nah am Ursprung des Seins. Im Hier und im Jetzt.
INT: Verändert einen die Wüste ein kleines Stück? Erdet sie einen? Und wie ist es, wenn man dann plötzlich wieder zuhause ist?
Romy: Die Wüste wäscht uns rein. Sie lässt uns unseren wahren Kern, unser wahres Sein spüren und erkennen. Somit verändert sie auch ein kleines Stück. Und sie erdet definitiv!
Wenn man wieder zu Hause ist, fehlt irgendetwas. Die Anbindung, das Urvertrauen. Die Reinheit.
Heiko: Nachdem es mir in der Wüste wunderbar gelingt meine Festplatte im Kopf zu entrümpeln, wird sie nach der Rückkehr permanent wieder mit unnützen Dingen beschrieben. Wer das erkennt, sieht sich genötigt abseits vom Mainstream zu wandeln.
INT: Eine sehr persönliche Frage, die Du nicht beantworten musst: Was bedeutet es für eine Ehe, wenn man plötzlich mit seinem Partner vollkommen allein in der Stille da draußen ist?
Romy: Es ist herrlich! Ich fühle mich in der Stille, dem Göttlichen, dem Paradies sehr nah. Das bekommt auch meiner Ehe gut. In der Stille kommt die Ehe endlich zu Wort.
Heiko: Wenn es zu Hause nicht funktioniert, hältst Du es mit Deinem Partner keine drei Tage in der Wüste aus.
INT: Romy, wann erscheint Dein nächstes Buch?
Romy: Dieses „Baby“ will noch wachsen ? Es gibt eine Fülle von Ideen. Wann diese in Buchform realisiert vorliegen, kann ich noch nicht sagen.
Zum Schluss noch ein Satz zum vervollständigen: Wer mit seinen eigenen Füßen durch die Wüste geht, …
Romy: … ist im Begriff sich selbst zu finden.
Heiko: … dem ist das Kamel abgehauen.
Über die Autorin:
Romy Christel Fehrmann ist gelernte Handelskauffrau. Nach jahrelanger Handels- und Vertriebstätigkeit jetzt als Tänzerin, Choreographin und Kursleiterin im Orientalischen Tanz tätig. Dieser berufliche Wandel vollzog sich nach einer 6-monatigen Entdeckungsreise gemeinsam mit ihrem Mann Heiko in das kulturelle Ägypten und in die eher unbekannte Wüstenlandschaft Ägyptens. Wieder zurück von dieser 6-monatigen Sabbatical Zeit wagten beide den Schritt in die Selbstverwirklichung und gründeten das Künstlerduo „Duo Oriental, Aladin & seine Wüstenblume“. Fortan gestalten die beiden Comedy- und Tanzshows zu privaten, geschäftlichen und öffentlichen Anlässen und berichten in Erlebnisvorträgen über Möglichkeiten die Welt zu Fuß zu bereisen.
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Zwei Erlebnisberichte gibt es von Romy Ch. Fehrmann auch in Buchform:
- „Barfuss durch die Wüste“
- „Unterwegs zu mir“.
Beide sind erhältlich direkt von der Autorin.Duo Oriental, Aladin & Soreia
via email: info(at)duo-oriental(dot)de
via Festnetz: 03722 – 52 77 50 von 12:00 bis 22:00 Uhr
via Funk: 0151 – 2061 1188
Links:
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